8 WGH-Marktbericht2015
Fachbeitrag
D
er robuste
Immobilienmarkt lässt
die Kassen der Finanzämter klin-
geln: 8,5 Mrd. EUR Grunder-
werbsteuer strömten von Januar bis Ende
November 2014 in die Schatullen der Län-
derfinanzminister – 9,8%mehr als imVor-
jahreszeitraum. 9,15Mrd.EURerwartet das
Bundesfinanzministerium für das vergange-
neGesamtjahr.Das ist der höchsteBetrag in
derGeschichte derBundesrepublik.
Dennoch gieren manche
Länderfürsten
nachmehrGeld: Zu Jahresbeginn erhöhten
Nordrhein-Westfalen und das Saarland die
Fiskalabgabe auf Grundeigentumsübertra-
gungen auf 6,5 % – und zogen damit mit
Schleswig-Holstein gleich. Das Land zwi-
schen denMeeren hatte bislang einsam die
Spitzenstellung beimAbkassieren von Im-
mobilienkäufern inne. Weitere elf Länder
verlangen zwischen fünf und sechs%. Nur
Bayern und Sachsen begnügen sich noch
mit dem ursprünglich bundesweit einheit-
lichenSatz von 3,5%.
Mit interessanten Konsequenzen, wie eine
Studie des Finanzierungsvermittlers Inter-
hyp zeigt. Danach stemmten 2014 private
Immobilienkäufer in Bayern und Sachsen
bei neu aufgenommenen Annuitätendarle-
hen die höchsten anfänglichen Tilgungsra-
Grunderwerbsteuer,Mietpreisbremse, Sanierungspflichten:Kapitalanleger
stehenvorHerausforderungen amWohnungsmarkt
WennderStaat interveniert
ten. 2,77 % des aufgenommenen Kapitals
führten Erwerber in Sachsen im Schnitt
zumStart der Finanzierung zurück. 2,73%
waren es in Bayern. Die rote Laterne trug
Spitzenkassierer Schleswig-Holstein mit
nur 2,39%.
„Die Studie spiegelt
die Auswirkungen
staatlicher Eingriffe in die Immobilien-
märkte wider“, sagt Günter Vornholz,
Professor für Immobilienökonomie an der
EBZBusiness School in Bochum. „Je hö-
her dieGrunderwerbsteuer, destomehr Ei-
genkapital frisst sie.“ Dies zwinge Erwer-
ber, sich höher zu verschulden, und führe
automatisch zu niedrigeren Tilgungsraten.
Wie gravierend der Einfluss der Höhe der
Fiskalabgabe auf die Nebenerwerbskosten
ist, zeigt folgende Rechnung: Beim Kauf
einer 500.000 EUR teuren Eigentums-
wohnung in München beträgt die Grund-
erwerbsteuer 17.500 EUR. Zwar kostet
eine vergleichbare Wohnung in Kiel nur
300.000 EUR. Wegen des höheren Steu-
ersatzes liegt die Fiskalabgabe hier jedoch
bei 19.500EUR–und ist damit 11,4%hö-
her als in der teureren Isarmetropole.
HoheGrunderwerbsteuern
können lang-
fristig zu einerDestabilisierungdes Immo-
bilienmarkts führen,warntVornholz. „Stei-
gen die derzeit extrem niedrigen Zinssätze
bis zurAnschlussfinanzierung auf das his-
torischeMittel von mehr als fünf %, wür-
den etliche Erwerber aus demRennen ge-
worfen, die jetzt nur gering tilgenkönnen.“
Dies könnte eine „Welle von Zwangsver-
steigerungen mit negativen Konsequen-
zen für die Marktwerte auslösen“, sagt
der Volkswirt. Ähnlich sieht das Michael
Voigtländer, Immobilienökonom am Insti-
tut der deutschenWirtschaft (IW) inKöln:
„Je höher dieGrunderwerbsteuer ist, desto
stärker drückt sie die Immobilienpreise in
einemAbschwung.“
Dennoch dürften bald
weitere Län-
der an der Fiskalschraube drehen. „Der
Reigen der Grunderwerbsteuererhöhun-
gen ist noch nicht vorbei“, sagt Carsten
Rieckhoff, Leiter Research bei Engel &
Völkers Commercial. Profitieren könnten
davon amEnde jeneLänder, die sich beim
Griff in die Tasche der Immobilienkäufer
bescheiden. „Überregional agierende Ka-
pitalanleger, die Rendite suchen, werden
stärker auf Zinshäuser mit vergleichbaren
Risikoparametern in Bundesländern aus-
weichen, derenGrunderwerbsteuer niedrig
ist“, sagt Rieckhoff. „AusnahmewirdBer-
Fachbeitrag
Leidtragende sind
die Immobiliener-
werber— staatliche
Eingriffewiedie
Erhöhungder
Grunderwerbsteuer
belastendieEigen-
kapitalquoteund
führen zu einerhöhe-
renVerschuldung.