Wohn- und Geschäftshäuser Marktbericht Deutschland - 2015 - page 9

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Fachbeitrag
WGH-Marktbericht2015
RichardHaimann,
51,
arbeitet als freier Immobi-
lienjournalist für in- und
ausländischeMedienwie
„Capital“, „Handelsblatt“,
„ImmobilienBusiness“,
„Immobilienwirtschaft“,
„PropertyEU“ und
„DieWelt“.
lin bleiben, da in diesemMarkt die höhe-
re Grunderwerbsteuer wegen der starken
Nachfrage durch steigende Kapitalwerte
kompensiert wird.“
Die Steueranhebung
in Nordrhein-West-
falen und dem Saarland ist nicht der ein-
zige staatliche Eingriff, mit dem dieWoh-
nungsmärkte 2015 konfrontiert sind. Seit
Jahresbeginn greift auch die Mietpreis-
bremse. Die Länder können seither festle-
gen, inwelchenStädtenoderStadtteilen sie
dieWohnungsmieten deckeln. Dies werde
etliche Eigentümer und Investoren ver-
schrecken, prognostiziert IW-Immobilien-
ökonomVoigtländer. „Es werden weniger
neueWohnungen gebaut und manche Be-
standsobjekte von ihrenBesitzern abgesto-
ßenwerden.“
Rackham Schröder,
Geschäftsführer von
Engel & Völkers Commercial in Berlin,
glaubt hingegen nicht an eine Veräuße-
rungswelle. „Angesichts der niedrigen
Zinsen und der Minirenditen bei Bun-
desanleihen gibt es keine Alternative zur
Immobilie.“ Er erwartet allerdings, dass
Kapitalanleger nun Objekte in Quartieren
bevorzugen werden, die noch Mietstei-
gerungspotenzial bieten. „Käufer werden
die Vermietungssituation bei ihren Invest-
mententscheidungen deutlich strenger be-
werten“, sagt Schröder.
Nachgehakt
Ratgeber
DieMietpreisbremse
Gesetzmit Tücken
DieEnergieeinsparverordnung (EnEV) schreibt vor, dassGas- undÖlheizungen, die 30 Jahre oder älter sind,
seit Jahresbeginn invermietetenWohnobjekten nichtmehr betriebenwerden dürfen.Außerdemmüssen
Vermieter bisEnde des Jahres die obersteGeschossdecke oder dasDach dämmen.Ausgenommen davon sind
nur selbst genutzteEin- undZweifamilienhäuser, nicht aber Eigentumswohnungen.
chef der Immobilienforschungsgesellschaft
bulwiengesa in Berlin. „Sie bieten keine
verlässliche Aussage über die tatsächliche
Höhe der Mieten.“ Dies liegt nicht zuletzt
an der groben Einteilung. So unterteilt der
Berliner Mietspiegel lediglich in drei La-
gen: einfach, mittel und gut. Der Hambur-
ger Mietspiegel kennt gar nur zwei Lagen:
normal und gut. „Es spricht jeglichemwis-
senschaftlichenVerständnis hohn, denkom-
plexenWohnungsmarkt einerMetropolemit
1,75Mio. Einwohnern in nur zwei Katego-
rien zu unterteilen“, sagt Jürgen Michael
Schick, Vizepräsident des Immobilienver-
bandsDeutschland (IVD).
D
as voraussichtlichMitte 2015 in
Kraft tretende
Gesetz ermöglicht
den Ländern, dieNeuvertragsmie-
ten inStädtenoderStadtteilenzudeckeln. In
sogenannten angespanntenWohnungsmärk-
ten dürfen Eigentümer bei einem Mieter-
wechsel die Miete ummaximal 10 % über
den ortsüblichen Mietspiegel anheben. Die
Kappungsgrenzewerdeverhindern, dassdie
Mieten weiter kräftig steigen, argumentie-
renSPD undMieterbund.
Dabei gibt es aber ein Problem:
„Miet-
spiegel bilden nicht die Realität des Mark-
tes ab“, sagt Andreas Schulten, Vorstands-
Nicht betroffen von der
Mietpreisbremse
sind Neubauwohnungen und umfassend
modernisierteWohnungen imBestand.Hier
könnenEigentümer dieMietebei Erstbezug
frei festlegen. Allerdings kann die Miete
erst dann wieder angehoben werden, wenn
der ortsübliche Mietspiegel diese Höhe er-
reicht hat. „Das kann viele Jahre dauern,
weil die Vergleichsmieten deutlich unter
demMietniveauvonNeubau- und sanierten
Bestandswohnungen liegen“, sagt Schulten.
Researchleiter Rieckhoff erwartet,
dass
private Investoren stärker auf die Randla-
gen der Großstädte setzen werden: „Dort
gibt es noch vermehrt Wohn- und Ge-
schäftshäuser mitWohnungen, derenMie-
ten unter der ortsüblichenVergleichsmiete
notierenund interessantesWertsteigerungs-
potenzial haben.“ Auch in Kleinstädten
direkt in der Peripherie der Metropolen
dürfte die Nachfrage steigen. „Diese Orte
sindvonderMietpreisbremseüberwiegend
nicht betroffen und bieten in gutenWohn-
lagen eine sichereKapitalanlage“, erläutert
Rieckhoff.
Darüber hinaus dürften
sich erfahrene
Immobilienkäufer stärker sanierungsbe-
dürftigen Zinshäusern in den guten Groß-
stadtlagenzuwenden,meintderResearcher.
Grund dafür sind die immer schärferen
Vorgaben der Energieeinsparverordnung
(EnEV), eines weiteren massiven staat-
lichen Eingriffs in die Wohnungsmärkte.
So dürfen seit dem 1. Januar in Mehrfa-
milienhäusern Gas- und Ölheizungen, die
30 Jahre oder älter sind, nicht mehr be-
trieben werden. Allerdings haben es viele
Eigentümer bislang versäumt, dieAnlagen
durch moderne Kessel zu ersetzen. „Weit
mehr als 1 Mio. alte Geräte müssen noch
ausgetauscht werden“, sagt Frank Ebisch
vom Zentralverband Sanitär Heizung Kli-
ma. Zudemmüssen bis Jahresende in allen
Wohnhäusern die oberste Geschossdecke
oder das Dach nachträglich stärker ge-
dämmtwerden.
„Für erfahrene Investoren
kann die
EnEV-konforme Sanierung eines Zins-
hauses in guter Lage attraktive Rendite-
chancen bieten“, erläutert Rieckhoff. Denn
Wohnimmobilien, die umfassend energe-
tisch modernisiert werden, sind von der
Mietpreisbremse ausgenommen. „In stark
gefragtenQuartieren lassen sich die hohen
Kosten einer solchenMaßnahme durchaus
durch höhereMieten wieder hereinholen“,
sagt der Researcher. Problematischer sei
dieUmsetzung der EnEV hingegen in vie-
len mittleren und besonders in einfachen
Wohnlagen, in denen die Mieten nur be-
grenztesSteigerungspotenzial habenunddie
Umlage der Sanierungskostennichtmöglich
ist, sagt Rieckhoff. „Da weichen dieMieter
dann lieber auf eine günstigere, nicht EnEV-
konform sanierteWohnung aus.“
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